Unsere Mission

1. Die Ausgangslage

1.1. Allgemeine Situation der Nahversorgung

Strukturwandel im ländlichen Raum, demographische Entwicklung mit abnehmender Bevölkerung und eine sich verändernde Alterspyramide sind bekannte Schlagworte, wenn über die Zukunft des ländlichen Raumes gesprochen wird.

Damit einher geht die Erfahrung einer veränderten bzw. nicht mehr gegebenen Nahversorgung der Bevölkerung in dörflichen Strukturen. In immer mehr Orten ist die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfes gar nicht oder nur noch eingeschränkt gegeben — Tendenz steigend!

Dabei ist jedoch nicht nur die Grundversorgung nicht mobiler Einwohner gefährdet, sondern auch die Attraktivität des kompletten Dorfes verringert sich damit auch für neue Einwohner, so dass kaum Zuzug erfolgt und damit die Wirtschaftskraft des Ortes weiter sinkt.

1.2. Ursachen für fehlende Nahversorgung

Ursachen für den Rückzug der klassischen Nahversorger sind sowohl auf der Anbieter- wie auch Nachfrageseite zu sehen.

Anbieterseite

Diese ist gekennzeichnet durch zunehmende Zentralisierung und immer größer werdende Verkaufsstätten an verbrauchernahen Standorten. Inhabergeführte Geschäfte werden von den Kindern nicht übernommen, weil diese sich anderweitig orientiert haben und/oder im elterlichen Unternehmen keine ausreichende wirtschaftliche Basis für sich sehen. Eine familienfremde Übernahme und Fortführung kommen ebenfalls vielfach nicht zum Tragen.

Nachfrageseite
Diese ist gekennzeichnet durch ein verändertes Verbraucherverhalten entweder hin zu Qualitäts- oder Discountangeboten zu Lasten des sogenannten mittleren Segmentes.

Dabei sind eine große Sortimentstiefe und -breite sowie ein attraktives Preisniveau gefragt. Höhere Mobilität und Berufstätigkeit außerhalb des Dorfes begünstigen den auswärtigen Einkauf. Zudem werden Waren zunehmend über das Internet gekauft, so dass auch diese Umsatzanteile dem lokalen Handel fehlen. In Deutschland beträgt der Online-Marktanteil bei Lebensmitteln derzeit zwar noch weniger als 1 Prozent, aber im Bereich der für den Lebensmittelhandel ebenfalls wichtigen Zusatz- und Ergänzungssortimente wie Kosmetika, Haushaltswaren, etc. nimmt der Online-Handel zu Lasten des stationären Handels zu.

2. Gründen und Betreiben von Dorfläden

2.1. Allgemeine Beschreibung

Gefragt sind in jedem Fall neue Nahversorgungskonzepte. Diese sollen meist nicht nur die Grundversorgung sicherstellen, sondern darüber hinaus auch die Lebensqualität im Dorf erhöhen.


2.2. Das Dorfladenkonzept

An dieser Stelle sind zu unterscheiden:
a) Der von einem Einzelunternehmer geführte Dorfladen
b) Der Dorfladen als Gemeinschaftsprojekt

a) Ersterer entspricht vor allem dem landläufig als „Tante-Emma-Laden“ bezeichneten Konzept.

In einer ganzen Reihe von Dörfern bestehen solche kleinen Lebensmittelgeschäfte noch. Bei Generationswechsel werden sie allerdings in der Regel aufgegeben, da sie kaum Einkommen versprechen. In die Rubrik der inhabergeführten Geschäfte fallen z.B. auch Bäckereien oder Metzgereien, die über ein entsprechendes Zusatzsortiment zusätzlich eine Dorfladenfunktion übernehmen können. In der Praxis zeigt sich allerdings auch hier, dass es sich häufig nur um Übergangsmodelle handelt, durch die eine Grundversorgung mit den üblichen Gütern des täglichen Bedarfs nicht langfristig gesichert wird.

b) Der Dorfladen als Gemeinschaftsprojekt basiert auf Eigeninitiative der Bewohner vor Ort. Er wird weitestgehend von den unterstützenden Bewohnern selbst finanziert und setzt auf ein hohes ehrenamtliches Engagement. Wesentliches Merkmal dieser Dorfläden ist, dass das Konzept mehr beinhaltet als den Verkauf von Lebensmitteln.

Hier handelt es sich um Dorfzentren und Begegnungsstätten, die verschiedenste Dienstleistungen anbieten.

Dies sind z.B. gastronomische Angebote
Café, Mittagstisch oder Frühstück

Andererseits z.B. viele kleine Serviceleistungen
Fotodrucker, Paketshop, Postfiliale, Rezeptbox, Büchertausch, EDV-Treff oder Formulardienste.

3. Der Hirzenhainer Dorfladen

3.1. Allgemeine Beschreibung

Durch die Familie Baum wurde bis Mitte 2023 in Hirzenhain am Rand der Ortsmitte eine Bäckerei mit einem Lebensmittelladen betrieben. Aus gesundheitlichen Gründen wurde der Laden und die Bäckerei geschlossen. Der Laden und ein Teil der Einrichtung sind noch vorhanden.

Den Bürgern von Hirzenhain und den umliegenden Dörfern war damit eine Nahversorgungs- und Kommunikationsmöglichkeit weggefallen. Die nächste Einkaufsmöglichkeit für Lebensmittel befinden sich erst ca. 6-8 km entfernt, in den Orten Niedereisenhausen und Eibelshausen.

Die Arbeitsgruppe hat sich ausgetauscht und eine Website „www.hirzenhainer-dorfladen.de“ ist online gestellt. Momentan wird die Bereitschaft der Bürger, zum Gründen einer Genossenschaft für das Betreiben des Dorfladens, geprüft. Wesentlich dabei ist die Bereitschaft der Einwohner, sich für das Projekt – durch Zeichnung von Genossenschaftsanteilen – einzusetzen. Nach der Auswertung der eingegangenen „Absichtserklärungen zur Zeichnung von Genossenschaftsanteilen“ werden wir alle weiteren Schritte ausarbeiten.

3.2. Derzeitiger Konzeptstand unseres Dorfladens

Träger — Der Dorfladen soll in der Rechtsform einer Genossenschaft betrieben werden. Mitglieder dieser Genossenschaft können alle Interessenten werden. Die Genossenschaft ist ein Zusammenschluss von Personen, die gemeinsam und gleichberechtigt den genossenschaftlichen Geschäftsbetrieb betreiben. Genossenschaften werden zur wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglieder unterhalten und verfolgen daher einen bestimmten Förderzweck.
Die eingetragene Genossenschaft ist eine juristische Person. Das bedeutet, dass die Genossenschaft „nur“ mit ihrem eigenen Vermögen haftet. Die Mitglieder haften daher nur mit ihren Einzahlungen auf die Geschäftsanteile, die Teil des „haftenden Eigenkapitals“ der Genossenschaft sind. Eine weitergehende Haftung für die Mitglieder besteht nicht. Es ist vorgesehen, dass ein Genossenschaftsanteil 200,00 EUR betragen soll. Mitglieder können sich auch mit mehreren Anteilen beteiligen. Mit diesen Genossenschaftsanteilen soll das notwendige Eigenkapital eingesammelt werden. Sollte die Genossenschaft Gewinne erzielen, dann entscheiden die Mitglieder mehrheitlich über die Verwendung der Gewinne.

Der Arbeitskreis Dorfladen Hirzenhain wird mit dem Genossenschaftsverband die Gründungsphase besprechen. Der Genossenschaftsverband wird die Gründung aktiv begleiten, beraten und auch später für die Prüfung des Jahresabschlusses zuständig sein. Für die Gründung werden überwiegend Mustersatzungen und Vereinbarungen des Genossenschaftsverbandes verwendet.

Die Gründungsversammlung für die Hirzenhainer Dorfladen eG soll noch im ersten Halbjahr 2024 stattfinden. Nach Eintragung der Genossenschaft im Genossenschaftsregister ist diese dann voll handlungsfähig.

Personal — Die Personalbesetzung für den Dorfladen ist mit zwei festangestellten sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitenden, einmal in Vollzeit mit 40 Stunden und einmal in Teilzeit mit 20 Stunden, sowie in Ergänzung mit Minijobbern geplant.

Zusätzlich sollen verschiedene Aufgaben von ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern übernommen werden. Hierdurch können Personalkosten eingespart werden.

Lieferanten — Es bestehen Zusagen zur Belieferung des Dorfladens vom Unternehmen Gutkauf Großhandels GmbH & Co, KG, zusätzlich werden wir einen Bäcker zur Belieferung des Dorfladens suchen.

Ergänzend sollen regionale Waren, wie z. B. Wurst- und Fleischwaren der ortsansässigen Metzgerei, angeboten werden.

3.3. Ziele des Dorfladens

Die Planungen sehen vor, das mit dem Dorfladen nicht nur die örtliche Nahversorgung der Bürger mit Produkten des täglichen Bedarfs sichergestellt wird, sondern der Dorfladen als ein zentrales, soziales Kommunikationszentrum für das Dorf dient.

Wir wollen:

Die Dorfgemeinschaft für alle erlebbar werden lassen, das Zusammenrücken von Alteingesessenen und Zugezogenen verbessern und nicht zuletzt Jung und Alt zusammenbringen.

Die Bestell- und Bring-Angebote für Kranke und ältere Mitbürger, aber auch das in den Blick nehmen der Wünsche und Interessen junger Familien, Kinder, Jugendlicher und auch der „Best-Age“ im Dorf soll für den Dorfladen wichtig sein.

Hier ist bespielhaft die Geschichte einer älteren Bewohnerin darzustellen. Bis zur Schließung des bisherigen Geschäftes Ende letzten Jahres konnte Sie jeden Tag von ihrem Haus zur Bäckerei mit dem Laden mit dem Rollator gehen. Wenn etwas im Haushalt gefehlt hat, dann konnte sie jeden Tag zum Einkaufen gehen. Unterwegs auf der Straße trifft sie weitere Bürger vor deren Häusern und kommt mit diesen ins Gespräch. Im Laden kann sie ihre benötigten Waren selbständig einkaufen und an der Kasse noch mit weiteren Kunden ins Gespräch kommen. Dies alles ist seit Mitte 2023 weggefallen. Unser Ziel ist es, allen Bürgern, aber insbesondere den älteren Bürgern, dieses Stück Lebensqualität wieder bereitzustellen.

3.4. Budgetplanungen

Ungeachtet aller weitergehenden Ziele des Dorfladens für die Dorfgemeinschaft und die Dorfentwicklung ist eine kritische wirtschaftliche Betrachtung unerlässlich. Wie in jedem anderen Unternehmen sind Umsatz und Kosten in die richtige Balance zu bringen.

Dabei kommt folgenden Fragen eine entscheidende Bedeutung zu:

Wie viele Dorfbewohner kaufen regelmäßig im Dorfladen ein?

Wie viel Geld geben die Dorfbewohner im Dorfladen aus – nur „vergessene“ Einkäufe oder deutlich mehr?

Diese Fragen werden über die folgende Fragebogenaktion demnächst beantwortet.
Für die Anschaffungen sollen Zuschüsse aus verschiedenen Förderprogrammen beantragt werden.

Es ergibt sich hieraus, dass der Dorfladen auf Fördermöglichkeiten angewiesen ist.
In diesem Zusammenhang wurden daher schon verschiedene Gespräche mit Fördervereinen geführt.